Das Wichtigste

Sophia Lindtner Rhythmische Gymnastik ist laut Ex-IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch die "charmanteste und fraulichste Sportart der Welt". Die Verbindung von Bewegung und Musik, bei gleichzeitiger Handhabung des Gerätes, ist die Charakteristik der Rhythmischen Gymnastik. Voraussetzungen sind Körperbeherrschung und Konzentration, ohne Grazie und Harmonie der Bewegung zu vernachlässigen.

In kaum einer anderen Sportart haben die Aktiven gleiche Möglichkeiten, ihre Persönlichkeit zu entfalten sowie zum Ausdruck zu bringen. Rhythmische Gymnastik ist Koordination von sportlicher Höchstleistung, ästhetischer Bewegung, Zeit- und Raumgefühl und gestalterischem Können.

In erster Linie bestreiten Frauen die Wettkämpfe der RG, aber in Länder wie Japan, Russland und einigen anderen praktizieren bereits seit Jahren auch Männer diesen Sport.

Rhythmische Gymnastik wird immer mit Handgeräten und mit Musikbegleitung ausgeübt.


Die Handgeräte

Die Auswahl der Handgeräte bestimmt im Rhythmus von zwei Jahren der Internationale Turnerbund (FIG). Fünf Geräte stehen dabei für den Einzel- und für den Gruppenbewerb grundsätzlich zur Auswahl:

Das Seil besteht aus Hanf oder einem synthetischen Material. Die Länge. richtet sich nach der Körpergröße der Gymnastin. Das Seil ist ein sehr dy- namisches Handgerät. Gymnastinnen mit guter Explosiv- u. Sprungkraft haben hier ihre Stärken. Die fundamentalen Technikgruppen sind Passagen durch das Seil und Echappé. Die anderen Technikgruppen sind Rotationen in Serie, Werfen und Fangen, Achter-und Segelbewegungen. Die schlechte Nachricht für das Seil: Weil man es im Fernsehen schlecht sieht, wurde es aus dem internationalen Elitebewerb eliminiert.

Der Reifen besteht aus Kunststoff oder Holz und wiegt mindestens 300. Gramm. Der Innendurchmesser beträgt 80 bis 90cm. Der obligatorische körpertechnische Schwerpunkt liegt bei Sprüngen, Drehungen, Gleichgewichts- und Beweglichkeitselementen in gleichmäßiger Verteilung der Schwierigkeiten (mind. 2 max. 4). Die gerättechnischen Elemente sind Rollen am Körper oder Boden, Rotation, Werfen und Fangen, Passagen durch oder über den Reifen, Schwünge und Achterbewegungen. Der Reifen bietet die größtmögliche Variation an Bewegungen.

Der Ball besteht aus Gummi oder synthetischem Material, wiegt mindestens. 400 Gramm. Der Durchmesser beträgt zw. 18 und 20 cm. Der obligatorische körpertechnische Schwerpunkt liegt bei den Beweglichkeitselementen und Körperwellen (mind. 4) sowie Sprüngen (mind. 4).Die gerättechnischen Elemente sind Werfen und Fangen, Prellen, Rollen am Körper oder Boden, Schwünge und Achterbewegungen, etc. Der Ball ist ein „lyrisches“ und elegantes Handgerät. Er liegt in der Hand der Gymnastin, ohne Abstützen am Handgelenk und ohne „Grapschen“. Die Bewegungen sollen fließend sein.

Sophia LindtnerDie Keulen sind 40 bis 50 cm lang, jede wiegt mindestens 150 Gramm und. besteht entweder aus Holz oder Kunststoff. Der obligatorische körpertechnische Schwerpunkt liegt bei den Gleichgewichtselementen (mind.4) sowie Pirouetten (mind.4). Die gerättechnischen Elemente sind Mühlhandkreisen, kleine Kreise, Werfen und Fangen, Schlagen, asymmetrische Bewegungen, Schwünge und Achterbewegungen. Die Handhabung der Keulen setzt gute psychomotorische Koordinationsfähigkeit, Rhythmusgefühl und präzises Arbeiten voraus, sie sind das bevorzugte Handgerät für Gymnastinnen mit ausgeprägter, beidhändiger Geschicklichkeit.

Das Band besteht aus ungestärkter Seide oder ähnlichem Material, es ist. mindestens 6 Meter lang und 4 bis 6 cm breit. Der Bandstab hat einen Durchmesser von 1 cm und eine Länge von 50 bis 60cm, ist aus Bambus oder Holz oder Kunststoff oder Fiberglas. Das maximale Gewicht beträgt 35 Gramm. Der obligatorische körpertechnische Schwerpunkt liegt bei den Pirouetten (mind.4) sowie Sprüngen (mind.4). Die gerättechnischen Elemente sind Schlangen und Spiralen, Werfen und Fangen, Schwünge und Achterbewegungen. Die Handhabung des Bandes sollte in weiten, fließenden, konstanten Bewegungen erfolgen.


Die Wettkampf-Disziplinen

Rhythmische Gymnastik kennt zwei unterschiedliche Wettkampf-Disziplinen:

  • Wettkämpfe im Einzelbewerb (seit 1984 ist der Mehrkampf olympisch) und
  • Wettkämpfe im Gruppenbewerb (1996 zum ersten Mal im olympischen Programm).

Die Einzelgymnastinnen bestreiten einen Mehrkampf (vier Übungen) und die Gerätfinali, für die sich die besten acht Gymnastinnen pro Handgerät qualifizieren. Bei Welt- und Europameisterschaften wird zusätzlich noch ein Mannschaftswettkampf ausgetragen.

Die Gruppen bestehen aus sechs Gymnastinnen, von denen jeweils fünf eine gemeinsame Übung präsentieren. Im Wettkampfprogramm stehen jeweils zwei Übungen, eine mit dem gleichen Handgerät und eine mit zwei verschiedenen Handgeräten.

Übungsdauer: Eine Einzel-Übung ist maximal 1:30 min lang, eine Gruppenübung dauert maximal 2:30 min.

Musik:Die Musikbegleitung kommt meist von einer CD – und ist auf die Übungen zugeschnitten, oder extra dafür komponiert. Musikbegleitung darf durch ein oder mehrere Instrumente erfolgen, stimmliche Begleitung ist erlaubt, eine der vier Übungen kann auch zu einem Musikstück mit Text gezeigt werden.


Kampfgericht

Als Kampfrichter werden vorwiegend Damen eingesetzt, die eine schwierige Prüfung nach internationaler Norm bestanden haben und daher ein hohes Maß an Fachkenntnis wie Situationsgewandtheit besitzen. Das Kampfgericht besteht für jede Übung aus einer D- und und einer E-Jury. Die D(ifficulty)-Jury bewertet den technischen Wert der körpertechnische Schwierigkeiten, Risikoelemente, außergewöhnliche Gerättechniken und Tanzschritt-Sequenzen. Die E(xecution)-Jury bewertet den künstlerischen Aspekt und die Ausführung.


Bewertung

Eine Gymnastin oder Gruppe kann für eine Übung maximal 20 Punkte erhalten: Diese Höchstnote setzt sich zusammen aus zehn Punkten für die Schwierigkeiten und zehn Punkten für die Ausführung. Die Höchstnote im Mehrkampf beträgt also 80 Punkte im Einzel und 40 Punkte bei der Gruppe.


Wettkampffläche/-halle

Die Wettkampffläche besteht aus einem 13x13 Meter großen Teppich auf einem speziell abgefederten Unterbau (letzterer kann bei kleineren Meetings und Nachwuchsbewerben auch weggelassen werden). Die rote Linie begrenzt die Wettkampffläche – bei Übertretungen gibt es Punktabzug. Die Wettkampfhalle muss über dem Teppich mindestens zehn Meter hoch sein, wobei auch keine Verstrebungen tiefer liegen dürfen. Sonst könnten Geräte anschlagen oder hängen bleiben.


Chronik der RG (in Österreich)

Die Ursprünge der Rhythmischen Gymnastik als Wettkampfdisziplin gehen auf die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. 1963 fand dann in Budapest die erste Weltmeisterschaft statt, 1978 in Madrid die erste Europameisterschaft.

Die Anfänge in Österreich sind in den 1950er-Jahren angesiedelt. Die Entwicklung startete mit der Gründung des „Österreichischen Gymnastikbundes“, einige Jahre lang hatte auch eine „Internationale Liga für moderne Gymnastik“ ihren Sitz in Wien. 1952 gewann Österreich sogar Gold bei einem inoffiziellen WM-Vorgängerbewerb.

Parallel zur internationalen Aufnahme dieses Sports in den Weltturnverband FIG übernahm in den 1960er-Jahren schließlich der Österreichische Fachverband für Turnen (ÖFT) die Verantwortung über die rotweißrote Rhythmische Gymnastik. 1968 wurden die ersten Staatsmeisterschaften veranstaltet, 1973 die ersten eigenständigen österreichischen Jugendmeisterschaften und 1983 die ersten Gruppen-Staatsmeisterschaften.

Seit 1984 ist die Rhythmische Gymnastik eine olympische Sportart. Bisher nahmen vier österreichische Gymnastinnen an den Olympischen Spielen teil: 1988 Elisabeth Bergmann (Rang 25), 1996 Birgit Schielin (Rang 24) und Nina Taborsky (Rang 29) sowie 2008 und 2012 Caroline Weber als bisher bestplatzierte auf Rang 17 und 18.

In der Rhythmischen Gymnastik zählt Österreich weltweit seit einigen Jahren zu den stärksten Ländern – das können hierzulande nicht viele andere olympische Sommersportarten von sich behaupten! Im Sog der Ausnahmeerscheinung Caroline Weber gelang im Teambewerb in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Aufschwung: Bei den Weltmeisterschaften schaffte Österreich 2010 erstmals den Einzug unter die Top10-Länder. Bei den Europameisterschaften führte die Reise über die Plätze 18 (2004), 16 (2005), 9 (2007), 8 (2009) und sogar 6 (2011) zuletzt zuhause in Wien auf Platz 7.

Drei Mal organisierte der ÖFT bislang internationale Topereignisse in Wien: Die Europameisterschaft 1984 und 2013 sowie die Weltmeisterschaften 1995. Außerdem konnte man die Weltelite bereits neun Mal bei Grand-Prix-Meetings an wechselnden Standorten (Wien, Linz, Korneuburg, Innsbruck, Hard/Bodensee) in Österreich bestaunen. Österreichs Rekord- Staatsmeisterin ist Caroline Weber (TS Dornbirn), sie hält mit 55x Gold nicht nur den ewigen Ö-Rekord, sondern auch den "Weltrekord" an nationalen Meistertiteln.


Trainingsorte + Leistungszentren

RG ist in allen neun österreichischen Bundesländern ver- breitet, rund 25 bis 30 Vereine nehmen derzeit aktiv am Wettkampfgeschehen teil.
Die wichtigsten Leistungszentren befinden sich in Dornbirn, Wörgl, Innsbruck, Graz, Wiener Neustadt und Wien. Seit 2006 trainiert die Nationalmannschaft in Wien, um sich gemeinsam auf die Großereignisse wie Welt- und Europameisterschaften vorzubereiten.

Wer Rhythmische Gymnastik als Leistungssport betreiben möchte, sollte im Vorschulalter damit beginnen. Anfangs genügt 2x bis 3x wöchentliches Training von 1½ bis 2 Stunden.

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